AVIVA-Berlin >
Public Affairs
AVIVA-BERLIN.de im November 2024 -
Beitrag vom 25.09.2010
BGH-Urteil - Kinder müssen für ihre Eltern zahlen
Britta Meyer
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat am 15. September 2010 entschieden, dass Kinder pflegebedürftiger Eltern für deren Versorgen aufzukommen haben - auch wenn dies bedeutet, dass die eigenen...
... Ersparnisse dabei aufgebraucht werden. Die FinanzFachFrauen raten daher dringend zu einer Zusatzversicherung.
Ohne Pflegezusatzversicherungen laufen Kinder Gefahr, einmal ihre finanziellen Rücklagen für die Pflege der Eltern aufbrauchen zu müssen. Das zeigt auch die jetzt veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. September 2010 in Karlsruhe. Die BundesrichterInnen entschieden, dass ein 48jähriger Mann die Pflegekosten für seine schizophrene Mutter übernehmen müsse, selbst wenn das Mutter-Kind-Verhältnis schon seit frühester Jugend zerrüttet gewesen ist. Im vorliegenden Fall muss der Mann, der seine Mutter in seiner Kindheit nur selten sah, deutlich mehr als 40.000 Euro für die Pflegekosten-Nachzahlungen aufbringen.
"Die Gefahr, durch die Pflegebedürftigkeit der Eltern das eigene Vermögen zu verlieren, ist sehr groß: Heute sind schon 30 Prozent – fast jede/r Dritte – aller über 80Jährigen pflegebedürftig", sagt Regina Weihrauch, FinanzFachFrau in Göttingen und verweist darauf, dass für die Kosten von Pflegefällen – wie im Urteil des BGH – auch Sohn oder Tochter der PflegepatientInnen herangezogen werden.
Fakt ist, wenn Eltern pflegebedürftig werden, reicht ihre Rente meist nicht für die Pflegekosten aus. Dabei kann sehr schnell ihr ganzes Vermögen drauf gehen – ganz gleich, ob durch Kosten für das Pflegeheim oder für die Betreuung rund um die Uhr zu Hause. Sind die finanziellen Mittel aufgebraucht, werden die Kinder zum Unterhalt herangezogen. Nach Paragraph (§) 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Das bedeutet, dass Eltern und Kinder und mittelbar auch Schwiegereltern und "Schwiegerkinder" für die finanzielle Lücke aufkommen müssen.
Im Notfall verlangt der Sozialstaat für die noch offen stehenden Pflegekosten Zahlungen aus dem laufenden Einkommen der Kinder. Reicht das nicht aus, werden auch die finanziellen Rücklagen von Sohn und/oder Tochter belastet. Die durchschnittlichen stationären Pflegekosten in der Pflegestufe II belaufen sich heutzutage auf geschätzte 2.812 Euro pro Monat. Da die gesetzliche Pflegepflichtversicherung hier aber nur 1.279 Euro zahlt, verbleiben monatlich 1.533 Euro Kostenanteil, für die Kinder und andere direkte Verwandte aufkommen müssen.
"Diese Lücke kann nur durch eine private Pflegezusatzversicherung geschlossen werden", sagt die FinanzFachFrau Weihrauch. Kinder sollten für ihre Eltern eine solche Versicherung abschließen. Nur so können sie sich vor den finanziellen Risiken schützen, denen sie ausgesetzt sind. Wenn beispielsweise nur fünf Jahre Pflegebedürftigkeit besteht, entsteht eine Leistungslücke von 91.980 Euro, für die Kinder aufkommen müssten. Die durchschnittliche Pflegebedürftigkeit beträgt übrigens sieben Jahre.
Es gibt Pflegerenten-, Pflegekosten- oder Pflegetagegeld-Versicherungen, um die finanzielle Lücke zur gesetzlichen Pflegeversicherung auszugleichen. Die FinanzFachFrauen raten, sich unbedingt unabhängig beraten zu lassen. Jede/r müsse selbst entscheiden, welche Vorsorge-Form in der jeweils individuellen Situation am besten passt.
"Es ist nicht nur sinnvoll, die Eltern noch rechtzeitig in Sachen Pflegekosten abzusichern. Auch selbst sollte man an eine eigene Pflegezusatzversicherung denken", macht Regina Weihrauch deutlich. Nur so könne man auch die eigenen Kinder vor dem Finanzdebakel mit Pflegekosten im Alter schützen. "Damit helfen Sie Ihren Kindern mehr als mit einer Ausbildungsversicherung", weiß Weihrauch, 48 und selbst Mutter von zwei Kindern. Sie hat schon vor sechs Jahren eine Pflegetagegeld-Versicherung abgeschlossen.
Für Frauen die heute 50 Jahre alt sind, besteht zu 69 Prozent die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit 95 pflegebedürftig sind. Das unterstreicht die Dringlichkeit, rechtzeitig eine Pflegezusatzversicherung abzuschließen.
Die FinanzFachFrauen weisen auch darauf hin, dass jede/r selbst vorsorgen muss, wenn das mühsam angesparte Vermögen und alle Rücklagen nicht von den Pflegekosten (für die eigene Pflegebedürftigkeit oder die der Eltern) "aufgefressen" werden soll.
Weitere Informationen finden Sie unter:
Pressemitteilung zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. September 2010
Der Paragraph (§) 1601 des Bundesgesetzbuches
FinanzFachFrauen
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Die FinanzFachFrauen - Nachhaltigkeit in der Geldanlage (2009)
Studie von FinanzFachFrauen zu Frauen und Altervorsorge (2009)
Förderung Riester-Rente und Studie zum Anlegeverhalten von Männern und Frauen (2009)
Hartz IV - ein Rückschlag für Frauen (2006)